Dies ist die siebte Folge des About Home Podcasts von Teresa Distelberger.
Aufgenommen wurde sie an einem besonderen Ort: auf meiner familiären Almhütte in Osttirol, über Lienz, mit Blick auf die Lienzer Dolomiten.
In dieser vertrauten Umgebung durfte ich, Karoline Wibmer, Teresa als Gastgeberin empfangen. Unser Gespräch – voller gemeinsamer Erinnerungen, Gedanken über Heimat, Zugehörigkeit und Beziehungsräume – veröffentliche ich hier in Form eines Blogartikels.

Kapitel 1 – Natur, Herkunft und Beziehungsraum
Teresa
Hallo und willkommen zu einer neuen Folge vom About Home Podcast. Heute darf ich diese Aufnahme mit einem wunderschönen Bergpanorama der Dolomiten machen. Ich sitze hier mit meiner lieben Freundin und langjährigen Weggefährtin Karoline auf der familiären Almhütte in Osttirol über Lienz. Ich freue mich besonders auf dieses gemeinsame Gespräch mit dir.
Karoline
Danke für die schöne Einladung.
Teresa
Ja, ich bin heute zu Besuch.
Karoline
Und ich bin zu Besuch bei deinem Podcast.
Teresa
Genau – oder vielleicht sogar bei unserem Podcast, denn du warst für mich sehr wichtig in der Entstehungsgeschichte. Ich möchte dich gleich am Anfang ein bisschen vorstellen und erzählen, was wir gemeinsam gemacht haben.
Du bist Shiatsu-Praktikerin mit einer Praxis in Lienz. Dein zweites berufliches Standbein ist die Projektbegleitung, in der du vor allem viele Kunstprojekte begleitest – unter anderem auch meine. Verbunden hat uns von Anfang an der „Salon der Heimatgefühle“, bei dem du schon 2018 dabei warst und seither eine wichtige Säule bist.
Für alle, die das noch nicht kennen: Ich habe den Salon aus dem Wunsch heraus initiiert, mit Menschen tiefergehende Gespräche über Heimat zu führen. Der Salon findet jedes Jahr am Nationalfeiertag statt – ein Tag, an dem offiziell die Nation gefeiert wird. Mich aber hat interessiert: Was steckt eigentlich hinter diesem Wort Heimat? Wie entsteht das Gefühl, wirklich zuhause zu sein?
Diese Fragen haben wir über die Jahre hinweg immer wieder gemeinsam betrachtet – nicht nur an diesem einen Tag, sondern auf viele verschiedene Arten während des Jahres. Dabei hat sich für mich herauskristallisiert, dass Heimat letztlich eine Frage von Beziehung ist. Daraus entstanden zuerst das Spiel Heimatschnapser und nun auch das neue Spiel about home.
Wir beide haben es bisher erst selten gespielt. Gestern eine Proberunde – und heute zum zweiten Mal wirklich miteinander. Für mich ist das ein besonderer Moment.
Karoline
Ja, mir geht es auch so.
Teresa
Ich frage dich zu Beginn eine Frage, die ich allen stelle: Gibt es etwas, das du über dich erzählen möchtest, damit die Zuhörerinnen und Zuhörer dich besser einordnen können, wenn sie später deine Geschichten hören?
Karoline
Vielleicht einfach dies: Ich bin in den Osttiroler Bergen aufgewachsen und habe als Kind sehr viel Zeit in der Natur verbracht. Das war für mich ein wichtiger Anker – und seit meiner Elternschaft ist dieser Bezug noch stärker geworden.
Die Natur hier ist rau, so wie manchmal auch die Menschen rau sein können. Das war für mich immer Herausforderung und Bürde zugleich – und gleichzeitig prägt es mich bis heute, auch beruflich.
In meiner Projektbegleitung spielt das eine große Rolle: Achtsamkeit im Alltag, wie ich es nenne. Wie kann ich in einer rauen Umgebung meine Feinfühligkeit leben und pflegen, ohne abzustumpfen oder verletzt zu werden?
Teresa
Du hast vorhin den Begriff „Beziehungsraum“ verwendet. Ich möchte das aufgreifen, denn es ist ein wichtiger Begriff in deiner Arbeit – auch die Beziehungs-Raum-Pflege gehört zu den Säulen deiner Projektbegleitung.
Letztlich hat auch unser Spiel damit zu tun. Denn die Frage, ob ich mich irgendwo zuhause fühle, ist immer auch die Frage: Bin ich in Beziehung mit diesem Ort? Mit der Ortschaft, mit dem Bundesland, mit der Landschaft, vielleicht mit einer ganzen Bioregion?
In deiner Arbeit sprichst du oft von Beziehungsräumen. Für mich ist das eine Einladung, innezuhalten und zu spüren: Wenn ich mich mit meinem Heimatort hinsetze, so wie ich jetzt mit dir Tee trinke – was ist dann da zwischen uns? Gibt es etwas unausgesprochenes? Ärger, Liebe, Distanz? Dieses genaue Hinsehen auf Beziehungen ist ein wichtiger Puzzlestein dafür, wie wir uns beheimaten.
Und wer sich fragt, was es mit diesem Spielplan auf sich hat: In der ersten Folge meines Podcasts erkläre ich das Spiel genau. Auf abouthome.world kann man den Spielplan und die Anleitung auch herunterladen und selbst ausprobieren.

Kapitel 2 – Sprache und Dialekt
Teresa
Magst du anknüpfen? Oder soll ich dir gleich eine Frage stellen – wie beim Spiel, wo wir statt Steinen heute Erdnüsse legen?
Karoline
Stell mir eine Frage.
Teresa
Gut, dann lege ich die Erdnuss auf das Feld „Ortschaft und Sprache – Dialekte“. Meine Frage: Fühlst du dich im Dialekt oder im Hochdeutsch zuhause? Oder vielleicht in beidem?
Karoline
Das ist eine interessante Frage. Zuhause fühle ich mich dort, wo ich mit meinem Gegenüber leichtes und tiefes Verständnis habe. Während meiner Ausbildung in Kärnten habe ich gemerkt, wie stark sich deren Dialekt vom Osttiroler Dialekt unterscheidet. Manche melodischen Aspekte sind mir geblieben, weil sie für mich stimmiger klangen als manche holprigen Ausdrücke meines Heimatdialekts.
Grundsätzlich empfinde ich mich nicht als sesshaften Typ. Ich habe etwas Nomadisches in mir. Heimat ist für mich nicht unbedingt der Geburtsort. Aber wenn ich im Ausland bin, freue ich mich, meinen Heimatdialekt zu hören.
Gleichzeitig verändere ich meinen Dialekt sofort, sobald ich mit Menschen aus anderen Regionen spreche – einfach, um besser verstanden zu werden. In Wien etwa war es mühsam, immer wieder Worte erklären zu müssen, die niemand verstand. Über die Jahre habe ich mich so an ein Mischmasch aus Hochdeutsch und Dialekt gewöhnt.
Für mich ist nicht Patriotismus entscheidend, sondern Verständigung. Ich hänge nicht am Dialekt als Identitätsanker. Ich bin eher ein Banause, wenn es darum geht, Dialekte zu unterscheiden – Einheimische hören oft sofort, aus welchem Tal jemand kommt. Das kann ich nicht.
Teresa
Beeindruckend finde ich trotzdem, dass du feine Unterschiede wahrnehmen kannst. Ich habe selbst gerade eine spannende Erfahrung mit Sprache gemacht: Seit ich Mutter geworden bin, rede ich mit meinem Kind ganz selbstverständlich Hochdeutsch. Ich merke, dass der Dialekt nicht tief genug in mir verwurzelt ist, um ihn an mein Baby weiterzugeben.
Obwohl meine Eltern Dialekt sprechen – mein Vater aus dem Mostviertel, meine Mutter aus der Steiermark –, bin ich in einer Umgebung ohne einheitlichen Dialekt aufgewachsen. Das prägt mich.
Manchmal macht mich das traurig. Ich wünsche mir, dass mein Sohn den Dialekt kennenlernt. Ich ermutige meine Eltern, mit ihm Dialekt zu sprechen. Und manchmal übe ich bewusst mit ihm im Auto. Gleichzeitig denke ich: Er lernt ohnehin schon mehrere Sprachen von seiner Familie, das reicht vielleicht. Aber ein Dialekt ist eben auch Heimat – und das möchte ich ihm mitgeben.

Kapitel 3 – Stadt, Menschen und Spiritualität
Karoline
Auch wenn ich mich nicht als besonders sesshaft empfinde, lebe ich seit einigen Jahren wieder in meiner Heimatstadt. Das ist manchmal turbulent und herausfordernd.
Meine stärkste Verbundenheit gilt der Natur. Sie ist für mich auch eine spirituelle Quelle. Meine Oma war sehr religiös, katholisch – ich habe es geliebt, mit ihr unter der Woche frühmorgens in die Kirche zu gehen. Dieser Raum war für mich mystisch, magisch. So sind Kirche und Natur die beiden Orte, die mich am tiefsten geprägt haben.
Mit den Menschen war es hingegen oft schwierig. Schon früh habe ich mich gefragt: Warum streiten wir? Warum verstehen wir uns nicht? Warum sind wir nicht einfach lieb miteinander? Diese Fragen haben mich in die Körperarbeit geführt – in die Massage, in die Berührung. Dort konnte ich erforschen, wie Begegnung jenseits von Worten möglich ist.
Später habe ich gelernt, wie stark Körper, Geist und Seele zusammenwirken. Immer wieder ging es für mich um die Frage: Wie sind wir miteinander? Wer sind wir miteinander?
Die Osttiroler sind speziell – intensive Biografien, starke Menschen, aber auch viel Trauma. Ich selbst erlebe mich als zäh und intensiv, und zugleich habe ich sehr zarte innere Räume. Für mich ist es ein ständiger Grenzgang: Intensität und Zartheit miteinander in Balance zu halten.
Manchmal empfinde ich mich am Rand des Tragbaren. Wie gelingt es, trotzdem miteinander auszukommen – auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, auch wenn Schweigen wie ein schwerer Teppich über allem liegt? Dieses Schweigen stammt auch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, es zieht sich durch die Generationen.
Vielleicht war das auch der Grund, warum es für mich lange schwer war, überhaupt über Heimat zu sprechen. Oft dachte ich: Ich habe nichts zu sagen. Das ist doch normal, da brauchen wir nicht drüber reden. Doch das Schweigen selbst ist Teil der Geschichte – und fordert heraus, genauer hinzuschauen.
Teresa
Ja, ich erinnere mich, wie skeptisch du lange warst, warum ich überhaupt so viel Energie in das Thema Heimat investiere. Ich bin dir dankbar, dass wir gemeinsam drangeblieben sind. Auch heute sagst du Dinge, die du mir noch nie erzählt hast – obwohl wir schon unzählige Gespräche geführt haben.
Karoline
Das ist die Magie des Spiels. Es bringt zeitlose Fragen auf den Tisch. Wir könnten es 50 Jahre lang jeden Tag spielen, und es würde immer Neues entstehen. Selbst im Schweigen würde noch etwas passieren.

Kapitel 4 – Freundschaft und Unterschiede
Teresa
Wir haben uns 2012 kennengelernt – und unsere Freundschaft begann mit einem Schnellstart: Du bist einfach bei mir eingezogen. Das war ein regelrechter Culture Clash. Ich nehme jetzt im Spiel das Feld „Menschen und Wohnraum“ und erinnere mich an unsere WG-Zeit.
Ich bin ganz anders aufgewachsen als du – in einem Umfeld, in dem meine Eltern viel über das Reden, Reflektieren und gemeinsame Gestalten von Gemeinschaft gearbeitet haben. Meine Mutter ist Psychotherapeutin, mein Vater Mediator. In unserem Zuhause war es selbstverständlich, über Gefühle und Konflikte zu sprechen. Mein Vater hat sogar im Ort neue Gemeinschaftsprojekte initiiert und eine Alternativschule gegründet. Ich bin also in einer Art „sozialem Biotop“ aufgewachsen.
Für dich war es, glaube ich, spannend, von außen auf dieses Feld zu schauen. Und für mich war es spannend, dich kennenzulernen – mit deiner Prägung aus Osttirol.
Ich erinnere mich, dass du beim Einzug viele deiner Kisten alleine getragen hast. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, dir selbstverständlich zu helfen. Für dich war das ungewöhnlich – in deinem Umfeld wäre es klar gewesen, dass man mithilft. Ich war geprägt von der Haltung: Wenn jemand etwas braucht, soll er es sagen. Dass du es vielleicht schwer hattest, um Hilfe zu bitten, war mir damals nicht bewusst.
Inzwischen habe ich gelernt, genauer hinzuschauen und meine „interkulturellen Fähigkeiten“ zu erweitern.
Karoline
Für mich war das WG-Leben ein großes Geschenk. Ich habe damals nach einem unterstützenden Umfeld gesucht – und bei euch etwas gefunden, das für mich fast paradiesisch war: achtsames Sprechen, achtsames Zuhören, Räume für das Zarte und Feine.
Gleichzeitig war es herausfordernd. Ich hatte Angst, etwas Falsches zu sagen, weil ich die Codes eurer Sprache nicht kannte. Ich musste lernen, mich zu äußern, auch wenn ich unsicher war. Dinge, die für euch selbstverständlich waren – biologische Produkte einkaufen, bestimmte Begriffe verwenden –, waren für mich neu.
Doch es war heilsam und wichtig. Mit deiner Unterstützung habe ich gelernt, meine Stimme zu erheben, meine Gedanken zu teilen, mich einzubringen. Dieses Zutrauen habe ich dann später auch meinem Kind mitgeben können – dass es sich ausdrücken darf, dass es willkommen ist.
Teresa
Von außen mag das wie eine „heile Welt“ gewirkt haben, aber für uns beide war es das nicht. Unsere gemeinsame Zeit dort endete auch turbulent, mit Desillusionierung. Wir mussten beide erkennen, dass nicht alles so ideal ist, wie es zunächst schien.
Aber genau darin liegt auch der Wert: In den Unterschieden, im Spiegeln, im gemeinsamen Ringen haben wir viel gelernt.
Karoline
Ja, und was ich spannend finde: Wir hatten von Anfang an Interesse am Leben der jeweils anderen. Wir wollten einander verstehen – die Unterschiede, die Stärken, die Begrenzungen. Und gerade dadurch sind wir beide gewachsen.
Dein Aufwachsen hat dir Resilienz gegeben, die mir gefehlt hat. Mein Aufwachsen hat mir vielleicht ein Gespür für basale Dinge gegeben, die dir gefehlt haben. Zusammen konnten wir einander bereichern – und sind bis heute eine Art „Power-Team“.

Kapitel 5 – Erinnerungskultur und Kompost
Karoline
Wenn du neue Kunstprojekte machst, besonders im Bereich Erinnerungskultur, spüre ich oft zuerst Widerstand. Ich denke mir: Nicht schon wieder ein schwieriges Thema. Gleichzeitig weiß ich: Sobald ich dabei bin, fühle ich mich sicher. Ich kann gut begleiten, Raum halten, Resonanz geben.
Teresa
Das hat viel mit der Geschichte unseres Landes zu tun. Österreich trägt eine brutale Vergangenheit in sich – und das Schweigen darüber wirkt bis heute.
Du hast schon gesagt, dass du in deiner kontemplativen Praxis oft mit diesen kollektiven Räumen meditierst. Ich erlebe dich dabei als sehr stark. Auch wenn dich ein Thema zunächst zurückschrecken lässt, bist du für mich in den Projekten eine wichtige Begleiterin.
Wenn ich dich frage, ob du dabei sein möchtest, spüre ich, dass es für dich leicht ist, mich zu unterstützen. Du wirst nicht überfordert, sondern bist ein Resonanzraum. Das ist für mich sehr wertvoll.
Ich möchte dir ein Bild geben: Erinnerungskultur ist für mich wie Kompostieren.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der viel Unverarbeitetes, viel Schmerzhaftes wie ein „abgestürzter Komposthaufen“ liegt. Wenn kein Sauerstoff dazukommt, wenn alles stillsteht, entstehen Fäulnis und Schwere. Doch wenn Bewegung hineinkommt, wenn Sauerstoff da ist, können Mikroorganismen daraus fruchtbaren Humus machen.
In meinen Projekten bist du für mich die Sauerstofflieferantin. Du bringst Lebendigkeit, Präsenz und Durchlässigkeit hinein. Dadurch kippt der Prozess nicht.
Karoline
Das trifft es genau. Aber es gibt Voraussetzungen: Damit ich in deinen Projekten wirklich Sauerstoff geben kann, darf ich selbst nicht „der gekippte Kompost“ werden.
Ich brauche klare Grenzen. In meiner Shiatsu-Arbeit weiß ich genau, wann ich in meiner eigenen Krise keine gute Begleiterin wäre und eine Sitzung verschieben muss. Ähnlich ist es in der Projektbegleitung: Ich brauche einen Alltag mit viel Raum, mit Ritualen, mit Pausen.
Ich lebe sehr diszipliniert, damit ich diese Qualität halten kann. Jeder volle Tag hat Momente des Innehaltens. Abende sind für mich Rituale des Abschließens. Wenn ich merke, dass mir das fehlt, wird es gefährlich – dann droht mein innerer Kompost zu kippen.
Deshalb habe ich auch ein Netzwerk von Mentorinnen und Begleitern, die meine blinden Flecken im Blick haben. So bleibe ich gesund und kann anderen Räume bieten. Manche sagen, das sei eine besondere Gabe. Ich sage: Nein, es ist eine Frage der Priorität. Ich habe einfach entschieden, dass meine eigene Gesundung Vorrang hat.
Teresa
Das hat viel mit Metaphern von Luft und Sauerstoff zu tun. Und es verbindet uns auch in unserer Praxis, uns selbst immer wieder zu reflektieren. Wir beide wissen, dass Triggerpunkte auftauchen – ob körperlich, emotional oder familiär.
Du hast den Begriff „Traumatoren“ verwendet: Eintrittspunkte, wo alte Wunden aktiviert werden. Jeder Mensch kennt das. Wir haben unterschiedliche Strategien, damit umzugehen. Unsere gemeinsame Praxis ist: nicht wegzuschauen, sondern genauer hinzusehen.
Und das ist es, was für mich Heimat bedeutet: einen Raum zu haben, in dem ich mit all meinen Schichten da sein kann – auch mit dem Schwierigen.
Karoline
Und genau darum geht es: Wir alle haben unseren eigenen Kompost. Manchmal kippt er, manchmal braucht er neue Luft, neue Struktur. Und immer wieder sind es diese Räume – wie im Gespräch mit dir – in denen Sauerstoff hineinkommt und Neues wachsen kann.

Kapitel 6 – Gesundheit, Selbstfürsorge und innere Räume
Teresa
Wenn ich dir zuhöre, spüre ich, wie sehr dein Alltag auf Selbstfürsorge ausgerichtet ist. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich die Arbeit mit Erinnerungskultur überhaupt machen kann: Weil du mir hilfst, gesund zu bleiben. Ich könnte es auf Dauer nicht, wenn ich nicht mit dir Wege finden würde, wie es in Balance bleibt.
Karoline
Ja, und es ist harte Arbeit. Ich habe – wie jeder – meine blinden Flecken. Ich weiß, dass es in mir Komposthaufen gibt, die gekippt sind. Manche Fragen werden mich wohl mein Leben lang begleiten. Aber genau deshalb brauche ich Gefäße, in denen Sauerstoff wieder hineinkommt.
Das geht nur, wenn ich meinen Alltag entsprechend strukturiere: mit viel Luft, mit klaren Rhythmen. Ich brauche Pausen, um zu verdauen, was ich begleite. Ich brauche Abendrituale, um den Tag bewusst abzuschließen.
Ich weiß: Wenn mein innerer Kompost kippt, endet meine Liebesfähigkeit. Dann kann ich nicht mehr erwachsen und präsent sein. Und genau dann ist es meine Verantwortung, rechtzeitig zu erkennen, dass ich nicht die richtige Begleiterin bin – sei es im Shiatsu oder in der Projektarbeit.
Darum habe ich ein ganzes Netz an Begleitern, die mit mir auf meine blinden Flecken schauen. Viele glauben, das sei eine besondere Gabe. Aber für mich ist es einfach eine klare Entscheidung: Ich habe andere Prioritäten als viele. Für mich steht die eigene Gesundung an oberster Stelle.
Teresa
Und gerade das macht dich zu einer so starken Begleiterin. Du kultivierst dein Gefäß, wie du es nennst, und dadurch bist du in der Lage, für andere Räume zu halten.
Mich beeindruckt auch, dass du dich nie davor scheust, Triggerpunkte anzuschauen. Im Shiatsu sprechen wir von Triggerpunkten im Körper, die sehr schmerzempfindlich sein können. Übertragen auf die Psyche sind es genau diese wunden Punkte, an denen wir wachsen können – wenn wir uns trauen hinzusehen.
Karoline
Ja. Jeder Mensch kennt diese Punkte. Manche reagieren mit Abwehr: Das spüre ich nicht, das betrifft mich nicht. Aber eigentlich sind es gerade die Stellen, die uns am meisten zu schaffen machen.
Und darum ist es so wichtig, immer wieder Räume zu haben, in denen wir ehrlich hinschauen können – allein, aber auch im Miteinander.

Kapitel 7 – Schlussgedanke
Teresa
Wir sind schon weit über die Zeit, die eine Podcastfolge normalerweise dauert. Aber ich finde, es hat sich gelohnt. Für mich war dieses Gespräch sehr inspirierend – auch überraschend. Ich habe Dinge von dir gehört, die ich so noch nie gehört habe. Und ich bin dankbar, dass wir immer wieder Räume schaffen, in denen wir so ehrlich miteinander sprechen können.
Ich merke: Für mich ist Heimat auch Beständigkeit. Zu wissen, dass ich dir selbst meine kompliziertesten Gedanken anvertrauen kann und du sie bezeugst – das gibt mir ein Gefühl von Zuhause.
Karoline
Und für mich ist es deine Hartnäckigkeit, die mich ermutigt, meine Stimme zu erheben. Oft neige ich zum Schweigen, aber du bleibst lange genug dran, bis ich mich äußere. Dafür bin ich dir dankbar.
Ich habe das Gefühl, dass die Natur sich freut, wenn wir solche Gespräche führen. So, wie jetzt die Sonne kurz hinter den Wolken hervorschaut – als würde sie uns zunicken.
Teresa
Das ist ein schöner Gedanke. Vielen Dank für dieses Gespräch, Karoline.
Karoline
Danke dir, Teresa.
Nachklang
Dieses Gespräch auf der Hütte in Osttirol zeigt: Heimat muss kein fester Ort sein, kein starres Konzept. Heimat kann im Miteinander sntstehen, im Zuhören, im gemeinsamen Hinschauen – auch auf das Schwierige.
So wie Kompost aus dem Alten, Schweren fruchtbaren Boden schafft, so kann Heimat dort entstehen, wo wir bereit sind, Sauerstoff in unsere Geschichten zu lassen. In der Natur, in der Freundschaft, in der Erinnerung – und im täglichen Üben von Achtsamkeit.